Nachhaltige Events dank Videokonferenz?

Was ist nachhaltiger: einen Online-Workshop anzubieten oder einen Face-to-face-Workshop vor Ort?

Es kommt drauf an…

Ganz klar: Ich mag die Workshop-Atmosphäre. Ich lerne gerne engagierte Menschen kennen. Ich mag es, mich mit ihnen zu verbinden, auszutauschen, gemeinsam Lösungen zu suchen und Ideen zu spinnen. Die momentane Situation macht uns diesbezüglich einen ziemlichen Strich durch die Rechnung. Aber wie „gut“ ist die Alternative beziehungsweise der Workshop am Bildschirm?

 

Wie so viele andere Workshopanbieter hatte ich zu Beginn der Coronakrise die Wahl, meine geplanten Workshops zum Thema Nachhaltige Eventorganisation einfach abzusagen oder sie neu zu strukturieren und online durchzuführen. Ich entschied mich für letzteres; ein Sprung ins kalte Wasser! Und so ist ein kleines Fazit durchaus angebracht.

Die liebe Technik

Grösster Stressfaktor vor dem ersten Workshop war für mich die Technik. Ich hatte schlaflose Nächte aufgrund des Unsicherheitsfaktors, wie gut die Internet-Verbindung sein wird. Denn, so meine Überlegung, wenn schon nur bei einer Person das Internet spukt, könnte das extreme Unruhe in den Workshop bringen.


Fazit #1

Bis jetzt war diese Angst unbegründet. Kleinere Komplikationen gab es, aber die waren alle lösbar (z.B. durch das Ausschalten der Videoübertragung bei schlechtem Empfang). Wirkliche Herausforderung bargen meine eigenen Technischen Probleme.

Darum:

Fazit #2

Unterschätze nie deine eigenen technischen Probleme. Denn dann wird’s so richtig unangenehm. Nachdem der erste Durchlauf reibungslos war, wurde ich beim zweiten gleich zweimal aus dem Zoom-Meeting rausgekickt, aufgrund von „Problemen“ meines Internetanbieters. Das war nicht lustig und ich habe gelernt, dass ich einen Plan B benötige für Workshop Nr. 3.

Gibt es genügend Austausch online?

Oft wird argumentiert, bei einem „echten“ Treffen komme es zu mehr Austausch unter den Teilnehmenden. Klar, der Apéro am Schluss fällt natürlich weg. Aber während des Workshops gibt es eine einfache Möglichkeit, den Austausch anzukurbeln mit Hilfe der Chat-Funktion. Einfach zwischendurch (statt einer Gruppenarbeit) eine konkrete Frage in die Runde geben und die Antworten dazu im Chat sammeln. Wichtig dabei ist natürlich, dass ich als Moderatorin dann auch auf diese Antworten eingehe, damit sie nicht unbeachtet bleiben. Ich mache ausserdem jeweils an Anfang einer Session den Hinweis, dass Fragen, die während meiner Präsentation auftauchen, ebenfalls im Chat platziert werden können, damit diese nicht vergessen gehen.

Fazit #3

Durch richtiges Einsetzen der Chat-Funktion gibt es Abwechslung und gleichzeitig erhalten alle die gleiche Chance, sich zu melden bzw. etwas beizutragen. Das Kommentieren der Beiträge durch die Moderation ist wichtig, damit sich alle wahrgenommen fühlen. Als Moderatorin ist man dadurch zwar zusätzlich gefordert, weil der Chat nicht aus den Augen gelassen werden darf. Aber es erlaubt einem auch, aufkommende Fragen zu sammeln und selber zu entscheiden, wann ein guter Moment ist, um auf diese einzugehen.

Chatverlauf während des Workshops "Nachhaltige Eventorganisation"


Ist es nachhaltiger, einen Workshop online durchzuführen?

Um diese Frage zu beantworten, muss Nachhaltigkeit erst definiert werden. Ich selber bevorzuge die neue, systemische Definition von Nachhaltigkeit, bei der die Wirtschaft der Gesellschaft „dienen“ muss, damit sich diese gemäss ihrem Potenzial entfalten kann. Die Rahmenbedingungen dazu sind durch die planetaren Grenzen gegeben, welche wir in unserem Tun respektieren müssen.

 

Wenn ich meinen Workshop online anbiete, hat das einige positive Auswirkungen auf die Umwelt. Hier eine kleine Übersicht, was alles wegfällt verglichen mit einem Workshop vor Ort:

 

- Die Hin- und Rückreise der Teilnehmer*innen
- Der Apéro bzw. die Verpflegung
- Die Räumlichkeit und ihre Infrastruktur

 

Der Umweltfussabdruck von Veranstaltungen berechnet sich sehr ähnlich wie der ökologische Fussabdruck einer Person. Wenn nun meine Teilnehmer*innen keinen Reiseweg auf sich nehmen müssen, um dabei zu sein, wird automatisch CO2 gespart. Der CO2-Fussabdruck der Videokonferenz ist nämlich um ein Vielfaches geringer.

CO2-Emissionen in CO2-Äquivalenten pro Person. Vergleich eines zweistündigen Online-Workshops mit einem Workshop vor Ort (nur bzgl. Mobilität). Berechnet mit dem Vergleichsrechner von mobitool.*


Caterings sind mengenmässig oft grosszügig kalkuliert, was Foodwaste verursachen kann. Für ein gutes Raumklima muss der Veranstaltungsraum entweder beheizt oder gekühlt und beleuchtet werden, was wiederum Energie verbraucht. Beides fällt weg, wenn wir zuhause bleiben.

Fazit #4

Auf einen Schlag werden beim Online-Workshop mehrere negative Auswirkungen auf die Ökobilanz, die bei „normalen“ Events anfallen, vermieden.

Gibt es wirklich keine Nachteile?

Trotz vieler Möglichkeiten zur Interaktion, die auch am Bildschirm möglich ist, fällt doch eine wichtige Komponente weg, nämlich die soziale.

Gespräche, die in Pausen oder nach einem Event stattfinden, sind wichtig und gehören meiner Meinung nach einfach dazu in der Nachhaltigkeitsdiskussion. Denn oftmals entstehen im ungezwungenen Austausch Netzwerke und Synergieeffekte, die dazu beitragen, dass wir uns gegenseitig unterstützen, ermutigen, Dinge anders zu tun als bisher oder die zu Kollaborationen führen. Und das wiederum ist der Nährboden für neue Projekte und Kooperationen, die eine nachhaltige Gesellschaft ausmachen.

Fazit #5

Online-Workshops sind praktisch und eine gute Ergänzung im Weiterbildungsangebot. Für den sozialen Kitt sind persönliche Treffen nachhaltiger, da man über die verschiedenen Facetten des Gegenübers mit Hilfe von Mimik, Gestik und der guten alten Wellenlänge einfach mehr erfährt und sie auch anders wahrnimmt.

Systemische Sicht der Nachhaltigkeit nach The Natural Step

Grafik: Tiefgrün

Für mich als Workshop-Anbieterin ist die Online-Variante eine gute Option bei Formaten, die nicht mehr als zwei Stunden dauern. Das Tolle daran ist auch, dass sich Interessierte in anderen Teilen der Schweiz und aus dem angrenzenden deutschsprachigen Raum einklinken können, ohne eine Reise auf sich nehmen zu müssen für diese kurze Zeitspanne. Für Workshops, welche mehrere Stunden dauern, bevorzuge ich ganz klar die Face-to-face-Variante.

 

Denn was ich auch noch gelernt habe in der Coronazeit: Meine Aufnahmefähigkeit während eines Meetings am Bildschirm lässt nach rund 1.5h nach und ich beginne, auf die Uhr zu schauen.

 

Die Frage, die ich mir nun stellen muss ist: Welche Inhalte lassen sich in dieser Zeit rüberbringen und was soll hängenbleiben? Denn wirklich entscheidend ist ja schlussendlich, was die Teilnehmer*innen nach dem Workshop mit dem neuen Wissen anstellen und wie sie das Thema Nachhaltigkeit in ihr Tun integrieren. Und darauf habe ich nach dem Ausloggen nur sehr begrenzt Einfluss.



* Berechnungsparameter Vergleichsrechner mobitool:


Videokonferenz: CH-Verbrauchermix, Dauer 2h

Hin- und Rückreise mit dem öffentlichen Verkehr: Strommix SBB, Regionalverkehr, durchschnittl. Auslastung 26%, durchschnittliche Distanz hin und zurück 30 km.

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